Herbert Hindringer

"Herbert Hindringer schreibt Arbeiterkampflieder für die Schublade sowie Gedichte über Speerwerfer, grüne Fenster in Portugal und über die Liebe – und vor allem letzteres tut er so zärtlich, lustig und unpeinlich wie kaum ein anderer deutscher Lyriker der Gegenwart." KunstKraftWerk Augsburg

was für den Herbst

aus Puppenhäusern Esszimmertische
zusammenklauen
und dann schauen
wie hoch man sie stapeln kann

so hoch
bis ein Vogel es wagt
sich darauf niederzulassen

episode christina

das waren die neunziger jahre:
ein aufgezogener reißverschluss

und später: ein klingelzeichen
die eröffnung meines appartments
nach drei jahren kauern

draußen du
ohne schuh
aus deiner wohnung ausgesperrt

zehn zehen
die ich mir merke
wie eine telefonnummer
weil ich sie wählen würde
wenn mir einsam
wenn mir sinnlich zumute ist

und: die verschrumpelte haut deiner
ellenbogen
die ich herumtragen würde wie
fremde münzen
um sie dann und wann herauszuziehen
und zu betrachten

dazu: die richtung deiner nase
die ich vergessen würde
wenn ich dir entgegenlaufe
aber der knoten in meinem taschentuch
erinnert mich daran
dass sie läuft
und so lauf ich neben dir her

in dieser stadt
in dieser stunde
in diesem staunen

du kaufst dir mokassins
für 5 mark
und lächelst durch dein haar
durch meine finger
mir durch und durch

ich schenk dir eine kette
und da hängt irgendein
schlüssel dran

manchmal passt einfach alles

den rest des tages verbringe ich
zigaretten rauchend auf dem
schrank und übe mein lachen
in der tintenpfütze

Herbert Hindringer, Geboren 1974, lebt in Passau; Lyrik und Prosa; aktueller Gedichtband biete bluterguss & suche das weite, yedermann Verlag; 2. Platz beim Bolero-Shortstory-Preis 2005